Jeder weiß wie es ist: immer im August mahnt der Skibich pünktlich die halbjährliche Zahlung für Eure Lieblingsdomain an, so dass man immer wieder im Oktober endlich zähneknirschend seine Online Banking Unterlagen zusammenkramt und sich fragt, warum man denn schon wieder diesen horrenden Betrag überweisen muss. Zum Glück haben wir und vor allem die hochgeschätzten Leser dafür diese ausdrucksstarke und rege frequentierte Plattform, die Euch eigentlich viel regelmäßiger über die schönsten Dinge des Lebens informieren sollte. Glücklicherweise ist in den letzten knapp 400 Tagen kaum etwas passiert, so dass wir einfach so tun als würde der Biergerdi noch rauchen und weitermachen wie vorher. Und zwar mit einem der größten Auswärtsknaller seit Menschengedenken – einem Abendausflug am Montag in die ostwestfälische Provinz. Und damit meinen wir nicht die ostwestfälische Bielefeld Provinz sondern die Provinzprovinz des malerischen Rödinghausen. Nie gehört? Nicht verpasst! Allerdings treibt dieser Verein nach fünf Aufstiegen in Folge nun mittlerweile bereits sein Unwesen in Deutschlands vierthöchster Spielklasse und schafft es nicht ganz so übersichtliche Summen in abgehalfterte Stars wie den ehemaligen Regionalligatorschützenkönig Christian Knappmann zu investieren und das Familienvermögen eines mir bis dato völlig unbekannten Küchenherstellers unters Volk zu bringen. Dafür wurde natürlich auch ein passendes Stadion neu gebaut und stilecht auf die örtlichen Kuhfladen gesetzt – prima!
Leider hatte man nicht bedacht, dass es in der vierten Liga nun auch tatsächlich Vereine gibt, die nicht am Reißbrett entstanden sind, und so etwas fürchterliches wie Gästefans mitbringen könnten. Und das auch noch skandalöserweise nicht nur in einer verkraftbaren Größenordnung von 14 Verler Bauernlümmeln sondern tatsächlich in der Gestalt marodierender Hooligans aus der Kulturhauptstadt. Flugs durfte der örtliche Oberkreispolizist auch zum ersten Mal in seinem Leben überregional in Erscheinung treten und ernsthaft verkünden, dass man sich nicht in der Lage sähe, parallel zum Zwiebelmarkt in Bünde eine weitere Großveranstaltung (mit sage und schreibe 2500 Zuschauern) durchführen könnte. So unfaire logistischen Meisterleistung können eben nur die unfairsten Menschen der Welt vollbringen, weswegen es nur in München möglich ist, das größte Volksfest der Welt (mit mehr Straftaten als 800 Bundesligasaisons und zwölf Zwiebelmärkte zusammen)und Heimspiele von Xavi Alonso 10 anderen, die nie den Ball haben, parallel stattfinden zu lassen. Lange Rede kurzer Sinn, der willige WLFV verlegte also in der Tat das Spiel auf einen Montagabend, was allerdings eher für Belustigung als für Frust sorgte. Schon schnell war zumindest den beiden Wissenschaftsbichs, dass man – einen geeigneten Fahrer vorausgesetzt – auf jeden Fall mit von der Partie sein wollte. Glücklicherweise fanden sich schnell sogar drei freiwillige Fahrer, von denen es zwei sogar schafften nicht abzusagen, so dass wir schlussendlich sogar mit zwei Autos Vorort waren. Diese „Jetzt-erst-recht“ Mentalität hatte auch die Fanszene von Rot-Weiss Essen erfasst, so dass das Motto „Alle nach Rödinghausen“ ausgerufen wurde und die peinliche Posse so ad absurdum geführt wurde. Ich würde fast tippen, dass schlußendlich mehr Leute die Fahrt auf sich genommen haben, als am Regelspieltag der Fall gewesen wäre. Doch dazu später mehr.
Genau wie das Schreiben haben wir auch das Wieseln nicht verlernt und so organisierte ich kompetenten Transfer von Deutschlands erster Elite Fachhochschule zum Autohof Lippetal, wo mich der Lehrer meines Vertrauens samt Wissenschaftsbich in seine Obhut nahm und wir der Vorzüge moderner Kraftfahrzeuge kennenlernen durften. Diese liegen natürlich auf der Hand, werden aber der Vollständigkeit halber trotzdem erwähnt: Platz für fünf Leute und ein Kühlschrank. Dazu Zwiebelkuchen, Dosenbier und eine Variation vier verschiedener Malzsorten, so dass die Fahrt wie im Fluge verging und wir schon bald die Abfahrt erreichten. Glücklicherweise gehören Lehrer ja zu den letzten mutigen Helden des Alltags und so ließ sich unser Fahrer erst gar nicht vor der angekündigten Vollsperrung irritieren und ignorierte gekonnt die ausgeschilderte Umleitung. Trotz dieses waghalsigen Manövers waren ein Malte Dürr und der schlauste Mensch der Welt schon seit Ewigkeiten am Ziel und konnten uns auch eine Parkgelegenheit direkt am Eingang des Gästeblocks empfehlen. Um diese zu Erreichen durfte man noch den örtlichen Vollidioten einem Intelligenztest unterziehen und diesen Mal raten, ob man mit dem Essener Kennzeichen entweder für RWE oder doch einfach ein weitgereister Rödinghausenfan ist, der endlich mal an der Hotline Karten bekommen hat.
Das Stadion selber konnte natürlich in keiner Weise überzeugen. Während man sich bei Tribüne noch durchaus Mühe gegeben hat, war die Sicht auf den lieblosen drei Stufen im Gästeblock beschissen, dafür durfte man aber immerhin 8 Euro abdrücken und das nicht so leckere Herforder Pils trinken – immerhin wenigstens mit Alkohol – was ja leider mittlerweile auch bei unterklassigen Vereinen erwähnenswert ist. Der Gästeblock war tatsächlich gut gefüllt und die Gästekarten auf der Haupttribüne sogar ausverkauft, so dass der Plan so viele Gäste wie möglich fernzuhalten, wohl als gescheitert gelten kann. Die Essener Fanszene garnierte ihren Auftritt dann auch stilecht mit etwas Pyrotechnik, deren (moderater) Einsatz sofort mit einer Spielunterbrechung und anschließender Ermahnung inklusive der Drohung mit Spielabbruch durch den Stadionsprecher geahndet wurde. Kann ja auch nicht sein, dasss sich der Pöbel erdreistet auf seine Art dem Ärger über die dörflichen Schikanen Luft zu machen. Die beste Antwort hatte allerdings die Mannschaft der Essener parat, die den hochgehandelten Aufsteiger gar nicht erst zur Entfaltung kommen ließ und das Spiel letztlich verdient durch ein kurioses Tor (aus der Kategorie Tore, die RWE sonst in der Nachspielzeit kassiert unbedingt sehenswert…) entscheiden konnte. Völlig untypisch eigentlich für RWE, dass der Sieg gegen den bis dato ungeschlagenen Spitzenreiter in der Vorwoche tatsächlich vergoldet werden konnte und so konnte dann nach den obligatorischen sinnflutartigen Regenfällen zufrieden und leicht angedüdelt die Heimfahrt angetreten werden.
Abschließend gibt es von Lieblingsvierlingen noch einen Gratisratschlag für die Verantwortlichen in Rödinghausen. Leider seid Ihr, aller Mühe zum Trotz, auch im Spaßverderben noch nicht erstklassig. Wie empfehlen Euch einen Blick über die Grenze nach Brüssel, wo man zeigt, wie man wirklich auch den treuesten Fans das Auswärtsspiel verleiden kann. 70 Euro Eintritt, Anreise in einer Buskolonne, angedrohte Festnahme aller Fans, die ohne Eintrittskarte den Stadtteil Anderlecht betreten – das sorgt sicherlich für feuchte Höschen in Ostwestfalens Vereinsheimen. Und das sorgt auch dafür, dass solche Spiele ohne mich stattfinden – irgendetwas muss sich in den vergangenen 400 Tagen ja geändert haben – und da reicht es nicht aus, dass der tapfere Snör Bertram jetzt verantwortungsvolle Mutter ist.
Reclaim the game!