Kleider machen Leute oder Finale ist nur zweimal im Jahr

Nachdem wir ja schon im vergangenen Jahr die Malocher aus der Stadt des krummen O bei ihrer schändlichen Niederlage im Halbfinale gegen Hö-Ni (kann man mal verlieren) besucht hatten, stand in dieser Saison der SC Rot-Weiß Oberhausen vor heimischer Kulisse sogar im Finale des Niederrheinpokals. Und da sich der Ballspielverein trotz heiligem Beistand in Wembley den unfairen Buyern unterwerfen musste galt es der Saison noch einen noch einen würdigen Abschluss zu verschaffen.

Und wie man das so für Ende Mai erwartet fand dieses fußballerische Schmankerl natürlich bei 8°C und einem schönen Landregen statt. Folglich sammelten wir Unentwegte, also zumindest die, die nicht in Riga oder Terminflut waren oder anderen wichtigen Verpflichtungen nachgehen mussten, am üblichen Platz in der Emscherkurve. Der Allesfahrbi hatte netterweise im Vorfeld Vollzahler-(!)-Eintrittskarten erstanden um uns die Odyssee an den Kassenhäuschen zu ersparen.

Ich für meinen Teil hatte auch vorausschauend mich kleidungstechnisch auf Ende Mai eingestellt und wäre somit Petrus und dem Fußballgott völlig ausgeliefert gewesen. Um jedoch vor Wind und Wetter geschützt zu bleiben und nicht das Risiko einer Erkältung vor dem anstehenden Urlaub einzugehen ergriff ich kurzum die Chance und nahm eine Sicherheitsjacke, die mich vor Regen und Kälte schützen sollte mit zum Stadion Niederrhein.

In der U-Bahn ließen mich die Blicke der Mitreisenden schon erahnen was mir wohl im Stadion bevorstünde. Ein ganzes Stadion, das mich mit „Orange trägt nur die Müllabfuhr!“ verhöhnt? Es kam noch besser! Es begann damit, dass ich am Bierstand natürlich für einen städtischen Müllwerker gehalten wurde. Der örtliche Bierstandsuffi beschimpfte mich, dass ich noch nach Feierabend mich erdreistete – natürlich wählte er eine andere, blumigere, mit Ruhrgebietsidiomen durchsetzte Wortwahl – mit meiner Müllmannjacke die Steuergelder der Stadt zu versaufen. Die raffgierige Stadt wolle immer mehr, immer mehr Geld und für den kleinen Mann auf der Straße bliebe da nichts mehr. Skandal!

Zugegen waren folglich der Klassensprecher, der seit kurzem auch Whatsapp kennt, ein Müllmann, ein überstrapazierter Informatiklehrer, der Allesfahrbi, dessen Vater sowie der Schwiegersohn in spe einer exotischen Deutschsprechenden. Das sportliche erzählt sich in diesem Spiel ein wenig anders als sonst. Der heimische Favorit schaffte es zwar 89,5 Minuten lang den unterklassigen Gegner aus Baumberg in Schach zu halten, konnte aber selbst auch rein gar nichts Zählbares auf die Kante legen. Ein richtiger Grottenkick, der dafür aber in der allerletzten Sekunde noch mit einem Paukenschlag aufwarten konnte. In der 90. Minute erarbeitete sich die Mannschaft aus Baumberg nämlich tatsächlich einen Freistoß in des Gegners Hälfte. Dieser wurde scharf aufs Tor gebracht und auf die Brust des Torwartes geköpft.

Komischerweise war der Ball dann doch im Tor, der Schiri pfiff kurz darauf ab, auf den Rängen brachen alle Dämme, der Platz wurde gestürmt und es ereigneten sich Bilder, die wir dem geneigten Leser ersparen möchten. Glücklicherweise griffen unsere Freunde in Grün recht schnell und beherzt ein und konnten weitere Todesfälle verhindern. Nachdem sich die Situation nach einigen Minuten entspannt hatte sah man davon ab die Zeremonie direkt vor der Oberhausener Kurve durchzuführen und schob die Siegereherung auch nicht nur räumlich deutlich nach hinten. Zeit für uns den Ort des Schreckens zu verlassen und den Rest des Abends zu planen.

Beim Verlassen des Stadions konsultierte mich schließlich noch ein Stadiongänger mit der Bitte das Bier, was ich ihm beim Einlass abgenommen hätte, doch wieder heraus zu rücken. Meinen Aufgaben als Ordnungsdienst folgend konnte ich die Situation natürlich deeskalieren und versachlichen während sich der Oberstreber köstlich amüsierte und die Fahrräder der Oberhausener vollgepisst wurden.

Da wir zum Saisonabschluss noch zu Bier und Mettwurstbrötchen im ekeligen Teig geladen waren vertagte sich die Festgestellschaft noch auf ein Weilchen an die Heidekirche. Auch der Jürgen konnte sich noch aus einem Kirmesbesuch wieseln und lief uns freudestrahlend am Bustand entgegen. die Kirmes wäre ohnehin kein Vergnügen geworden, da dort eh nur wieder Emotionen respektiert wurden. Dass aus einem harmlosen Kick nach Feierabend dann doch wieder eine Veranstaltung bis spät ist die Nach wurde braucht man in diesem Blog wohl nicht erwähnen. Sehr wohl erwähnen muss man jedoch die liebe Kathi, die uns noch netterweise bis zum unterirdischen Kopfbahnhof in Essen kuttschierte.

Wir folgern: Bei Regen in einem alten siffigen Stadion stehen, mit Bier und Freunden einem Pokalkracher beiwohnen, in dem in allerletzter Sekunde der Underdog durch einen Torwartfehler gewinnt, danach alle Dämme brechen, der Platz gestürmt wird und Spieler und Funktionäre angegriffen werden? Das ist Fußball!

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