Die Losfee meinte es gut mit uns. Nachdem der arme BVB-Fan, seines zeichens Jammerlappen und ewiggestriger Romantiker, sonst immer nur mit Real Madrid und Arsenal London malträtiert wird konnte mit Sporting endlich mal wieder ein absoluter Knaller ausgegraben werden, der bei den Reisewilligen Vorfreude und super Bock auf Super Bock auslöste und bei den Daheimgebliebenen durchweg Neid zutage treten ließ. Und Nachdem wir bereits in der letzten Woche diverse Jubiläen feiern durften standen mit diesem Trip die geschätzten Ryanair-Flüge 97, 98, 99 und 100 an – allesamt dokumentiert durch eine lückenlose Boardingkarten-Sammlung. Beim Zwischenstopp in Stansted konnten wir das ganze Elend des nahenden post-Brexit-Empires bestaunen. In Ermangelung der täglichen Marmite-Dosis gibt es nun einen neuen lukullischen Genuss: Der Engländer an sich delektiert sich heuer an Milchshakes – bestehend aus einer Kugel Vanilleeis, aufgegossen mit Cola!
Am Flughafen in Lissabon wurden wir direkt von ein paar einheimischen RWE-Fans abgeholt um per Auto und Pedes noch einen Leckerbissen zu genießen. Denn wie es sich gehört, bedarf es neben dem Glamour-Fußball auch eines ordentlichen Gegenstücks ehrlichen Fußballs von der Basis um sich entsprechend zu erden. Die Wahl fiel auf den Drittrunden-Klassiker im portugiesischen Pokal zwischen dem lokalen Viertligisten Santa Iria und Vitória Guimarães, was sich schlussendlich als Glücksfall erwies. Schon vor Betreten des kleinen Grounds, Santa Iria musste für dieses Spiel auf den Campo do Sacavenense ausweichen, quoll schon vorzüglicher Knoblauchgeruch über die Stadionmauern, sodass uns das Wasser im Munde zusammen lief. Folglich ging es zunächst in die Stadiongaststätte, wo neben frischen Meeresfrüchten auch der Verursacher der Knoblauchschwaden zu finden war: Prego von alho. Eine Art Steakbrötchen mit drölf zerdrückten Knoblauchzehen. Sonst nichts. Bei Bier und Bifana stimmte man sich mit den Jungs von Benfica auf den Kick ein, es wurde gesungen und geklatscht – und dann kamen die Bullen: Der Hahn der besonders kleinen super Bock auf Super Bock-Fässer wurde abgedreht, alle Gäste verließen schlagartig das Vereinsheim und auch wir begaben uns auf die Tribüne. Am Ende sind die Bullen dann doch auf der ganzen Welt gleich…
Am Platz ergaben sich dann die nächsten kuriosen Szenen als der Rasensprenger bei jeder Tour voll in die kleine Tribüne sprühte und die Zuschauer jedes mal wutentbrannt den armen Rasensprenger anbrüllten. Da aber weder der Winkel neu eingestellt wurde noch die Zuschauer sich einfach ein paar Meter weiter weg stellten, wiederholte sich das Schauspiel noch ein paar mal bis endlich der Anpfiff erfolgte. Und auch danach gab es weiterhin übelste Schimpftiraden gegen den Schiri, gegen die gegnerische Mannschaft aus Guimarães und gegen den lieben Gott. Wir haben zwar nichts verstanden aber die umstehenden Väter hielten zeitweise ihren Söhnen die Ohren zu wenn der vor uns stehende Meckeroppa, der seinen Enkel natürlich bei uns abgestellt hatte, wieder zum Angriff blies. Obwohl Guimarães eigentlich klarer Favorit war entwickelte sich in dem mit ungefähr 3.000 Zuschauern voll besetzten Campo ein relativ ebenbürtiges Gebolze, da der Erstligist nur mit einer C-Auswahl angetreten war und Santa Iria, als amtierender lissaboner Kreispokalsieger echt Bock hatte noch eine weitere Runde zu überstehen. Diejenigen, die es nicht ins Stadion geschafft hatten folgten dem Geschehen von der nahegelegenen Autobahnbrücke.
Natürlich hatte es auch andere bekannte Dortmunder Gesichter in das Rund verschlagen, unter anderem auch den allseits bekannten Kompetenzel in ungepflegt. Unter den Supportwilligen auf der Heim-Tribüne gingen immer wieder Fackeln an, die auch nicht selten auf dem Rasen landeten. Da es sich jedoch um Kunstrasen handelte brannte dieser regelmäßig lichterloh. Spielte allerdings auch keine Rolle und der Schiedsrichter pfiff grundsätzlich erst ab wenn das Spielgeschehen sich Richtung Brand verlagerte und der Ball drohte Feuer zu fangen. Ingesamt schon eine für deutsche Maßstäbe unglaubliche Praxis. Das Spiel plätscherte insgesamt so dahin, Guimarães mühte sich irgendwann zu zwei Toren, bekam aber irgendwie nie so richtig den Sack zu. Folglich schaffte Santa Iria die Sensation und konnte den Anschlusstreffer erzielen woraufhin das ganze Stadion Kopf stand. Es reihte sich eine Vielzahl an Chancen und ein nicht gegebener Elfmeter ein, die der Stimmung keinen Abbruch taten. Auch in dieser Situation flogen natürlich Fackeln auf den Rasen. Da jedoch die Spieler von Santa Iria immer noch auf den Ausgleich drangen und keine Zeit für pyrotechnische Spielereien hatten pfefferte der Kollege Sportskamerad und Kapitän von Santa Iria die brennende Fackel kurzum einfach zurück in die Ränge. Wusste zu gefallen! Wir diskutierten in der Folge wie wohl der Weltuntergang in Deutschland bei gleicher Situation aussehen würde, einigten uns jedoch auf folgendes Strafmaß: Der DFB würde gegen die Fans Stadionverbote verhängen, über den werfenden Spieler jedoch den Mantel des Schweigens.
Leider hat es schlussendlich nicht für Santa Iria gereicht. Unterm Strich bleibt neben einem sportlich vielleicht nicht ganz so hochklassiges Spiel jedoch ein Nachmittag voller lustiger Anekdoten, guten Gesprächen und ein Beweis dafür, warum man den Fußball an der Basis einfach lieben muss. Es folgten zumindest für uns weitere Highlights mit Sightseeing in Lissabon und Umgebung, kulinarischen Leckerbissen zwischen Meeresfrüchten und Pastéis de Belém und natürlich dem endlich mal wieder sehenswerten Spiel des BVB gegen Sporting. Eine tolle Tour, die zu einer Wiederholung einlädt – allerdings freut sich halb Benfica auch schon auf den nächsten Besuch an der Hafenstraße.
Der Rückflug in den grauen Morgenstunden ließ uns um 4 Uhr morgens aus den Federn klettern – eine Zeit, die in Portugal schlichtweg nicht existiert. Entlohnt wurde diese nächtliche Tortur jedoch durch einen Zufall, den jedes Kind sehnsüchtig herbeisehnt aber schlussendlich nie erlebt und den Schnurzeletti wohl zum schönsten Moment der Reise erkoren hätte: Aus dem Getränkeautomat am Flughafen fielen unglücklicherweise zwei (!) Flaschen. Und obwohl es Tradition ist aus aller Herren Länder extra für ein RWE-Spiel einzufliegen verzichtete ich auf den Kick in Siegen wovon jedoch eine andere Geschichte erzählen wird…