Es gibt wahrlich leichtere Aufgaben als den Anschlussbericht an die äußerst kompetente Partie in Twistenden zu verfassen. Aber gut, auch wir wachsen an unseren Aufgaben, so dass der geneigte Leser Zeuge eines ungewöhnlichen Experimentes sein wird. Mehr dazu natürlich an in bester Reviersport Clickbaiting Manier nach dem Teaser.
Aber beginnen wir zunächst gewohnt unspektakulär chronologisch mit dem ersten Spiel des Wochenendes: Der ruhmreiche deutsche Meister von 1955 empfing mit dem SC Verl die personifizierte Regionalliga. Allein der Klang dieser Paarung versetzte die Elitehochschule im beschaulichen Hamm in helle Aufregung und so war dem verantwortungsbewussten Vater ein früher Feierabend vergönnt, da seine Arbeitskollegin es kaum erwarten konnte, die Essener Budenkultur kennenzulernen. Wahrscheinlich wusste sie genau, dass Essen nicht umsonst nicht Trinken heißt und die Bewohner teilweise von unmenschlichem Durst geplagt werden, der sich proportional zur intrinsischen Kompetenz verhält. Wahrscheinlich auch Grund, warum es unmöglich war, Kompetenzel zu treffen und die geplante Ringlinie zu erreichen. Glücklicherweise erreichten wir trotzdem recht zeitnah den Ort des monumentalen Biersprints (Details dazu in Günther Jauchs Jahresrückblick Menschen 2016, vielleicht dieses Jahr moderiert von Neven Subotic?), wo die mittlerweile auch um den Bindestrichbich Horst-Kevin und den schlausten Menschen der Welt erweiterte Reisegruppe endlich die ausgedörrten Lippen benetzen konnten.
Dieses erhabene Gefühl löste beim kompetentesten Begleiter auch äußerlich eine Reaktion aus und sorgte dafür, dass ihn die RWE Assis am Hafenstübchen nur mit abgeklebtem Brustwarzen („Waffen“) zum Bier holen passieren ließen. Glücklicherweise blieben alle Beteiligten, auch der nun die Runde endgültig kompletierende Bichcousin in stylischer grauer Jogginghose, unverletzt und so referierte besagter Kompetenzel noch über die Verdauung der Anwesenden, bevor wir uns endlich in die längste Schlange aller Zeiten stellten. Dies ist traurigerweise allerdings nicht dem Umstand geschuldet, dass sportliche Erfolge die Massen an die Hafenstraße ziehen, sondern wir dieser investigative Blog vermutet, den Halbliterwabbelvasen, aus denen seit dieser Saison der köstliche Nektar ausgeschenkt wird. Skandal – zusammen hoch die 0,3 Tassen und zwar jetzt und nicht erst in drei Jahren.
Sportlich gab es heute an der Hafenstraße die gewohnt zähe Kost, abhelfen konnten hier lediglich die überragende Torwartleistung, der souveräne Auftritt des Linksverteidigers und das zahlreich vom Hockeygriechen meines Vertrauen gereichte Freibier (wahrscheinlich eine Belohnung für sein extra aufgeräumtes Zimmer) – wobei ich jetzt nicht ausschließen kann, dass letzteres zumindest ersteres bedingen könnte. Wider Erwarten machten die Roten den Auftakt in Wochenende auch nicht kaputt und gewannen das zweite Spiel in Folge. Erwähnenswert bleibt lediglich, dass es im Heimspiel Nummer eins nach dem Bierbecherwurfskandal auffallend ruhig blieb, was wohl daran liegt, dass Horst-Kevins mutiger Einsatz die beiden Krawallmacher nach 45 Jahren endgültig aus dem Stadion vertrieben hat. Wir schaffen sogar das, was RWE in viereinhalb Dekaden Rumpelfußball nicht hinbekommt! Immerhin haben die Herren sich an die Tausend Grottenkicks an der Hafenstraße gegeben. Und wenn sie uns aber belogen haben? Dann sollen sie am fauligen Bierfuß krepiert sein!
Der skurrile Heiratsantrag, scheinbar ein weiteres Aufregerthema, blieb mir allerdings dank Sextanerblase glücklicherweise verwehrt. Die Fotos in den bekannten Internetportalen lassen aber zumindest auf eine Extraportion Stilbewußtsein schließen.
Nach dem Spiel wollten wir uns nicht undankbar zeigen und begleitenden den spendierhosentragenden Griechen noch zur Feier von ETB Hockey, wo wir aber – verantwortungsbewusst – wie wir nun mal sind, schnell die Segel strichen, der örtlichen Kneipeninnung eine Flasche Wein(!) für den Weg abschwatzten und ins Pennematzland entschwanden.
Viel zu früh musste dieser wundervolle Ort am nächsten Morgen wieder verlassen werden, schließlich ist die Aufgabe des verantwortungsbewussten Vaters für wohlgenährten Nachwuchs zu sorgen. Nach der üblichen Morgenroutine aus Milch warm machen, Kaffee kochen, Einkaufen, Wäsche, Zweitpennematz und Besichtigungstermin ließ ich mich völlig euphorisiert von meinem erwachsenen Verhalten dazu hinreißen, ein Zwei-Bier-Versprechen zu geben. Was für eine Selbstüberschätzung. Glücklicherweise sollte ich an der Straßenbahnhaltestelle Jan aus Lüdenscheid kennenlernen, mit dem sich der Weg in den aus Rundfunk und Fernsehen bekannten Raucherbereich äußerst kurzweilig gestaltete. Dort lernte Jan auch den Rest der Mischpoke kennen, hatte aber in seiner entwaffnend ehrlichen Art kein gesteigertes Interesse daran, sich unsere Namen zu merken. Nur der Biergerdi, der Promi der Runde, bestand darauf, wie immer in bester Erinnerung zu bleiben. Jan beschloss aber einfach, den Bankster unserer Vertrauens Bier-Eddie zu rufen, einem Namen, dem wir uns natürlich nur allzu ungern anschlossen. Im weiteren Verlauf des Nachmittages wurde auch der beliebte Adipösling Opfer einer Verwechslung und irrtümlich für Louis gehalten. Spekulationen, mit welchen Attributen Louis beschrieben wurde, begleiteten uns noch den ganzen Abend – vermutlich wird aber häufiger das Wort kuschelig gefallen sein. Immerhin konnte so das zwei-Bier-Dilemma locker gelöst werden, indem einfach Louis den weiteren Alkoholkonsum übernahm. Danke Louis.
Das Spiel hingegen entpuppte sich erwartungsgemäß als die zähe Nummer, die jeder ernstzunehmende Fan mit dem kleinesten Hauch an Fußballsachverstand im Vorfeld prognostiziert hatte. Jeder erinnerte sich an das überflüssige 2:2 in der Vorsaison und auch in dieser Partie hielt Darmstadt bis zur Halbzeit mit, im zweiten Durchgang brachen aber alle Dämme und der BVB setzte sich auch in der Höhe verdient mit 6:0 hoch. Die Stimmung war natürlich euphorisch und die Südtribünentouristen mussten sich überschwänglichen Pogoeinlagen erwehren zumeist wie immer initiiert vom Grafi(c)ker mit drei Kniescheiben. Nach dem Spiel ging es dann mit dem Sonderzug nach Essen, wo wir dem Skibich noch die Currywurst auf dem Katzengeburtstag wegessen konnten. Leider transformierte sich Louis wieder in einen verantwortungsbewussten Vater und so pünktlich um 21:00 kutschierte der tapfere Snör Bertram Ehemann und Sohn nach Hause.
Um nur in beeindruckender rhetorischer Brillanz den Bogen zum Anfang zu spannen, wird obiger Körpertausch nicht der letzte in der Geschichte sein. Der schlauste Mensch der Welt hat mir nämlich seine Notizen überlassen und somit werde ich versuchen auch den Sonntag zu schildern, obwohl ich natürlich – immer noch ganz verantwortungsbewusst – keine weiteren Spiele mehr besucht habe. Die Junggesellen unter uns hatten aber noch lange nicht genug und so stand am frühen (hier bitte ein großspuriges, väterliches Lachen vorstellen) Morgen das ewig junge Duell Gut gegen Böse, Himmel gegen Hölle oder weniger pathetisch in Marketingsprache ‘Echte Liebe’ gegen ‘Kumpel und Malocher’ an. Natürlich nur auf A-Jugendebene aber nichtsdestotrotz zumindest in der ferneren Vergangenheit nicht nur auf dem Platz brisante Duelle, bei denen die Jugend auch schonmal für Olympia trainierte. Heutzutage halten sich aber beide Fanszenen von Jugendspielen fern und somit wird dieses Spiel mittlerweile auf der Sportanlage der Gesamtschule Ückendorf ausgetragen. Das Spektakulärste daran ist sicherlich, dass hier suggeriert wird, dass Gelsenkirchen tatsächlich über eine Schule(!) verfügt. Vermutlich die gleiche Schule, die Anwesende beim Junggesellenabschied des Biergerdis besucht haben.
Der fanfreundliche Eintrittspreis von anderthalb Euro entschädigte dann auch den schlausten Menschen der Welt für seine Anfahrt im Darwin Express (a.k.a. Linie 302), aber im Ernst, was will man im Gelsenkirchener Nahverkehr auch groß erwarten? Auch das gewohnt geduldige Gelsenkirchener Publikum entsprach jedem Klischee: Eltern und Großeltern, die ihren eigenen Spieler abgrundtief hassen und jegliche Chance auf Selbstvertrauen verbauen. Wenn jemand durchgehend zugerufen bekommt, dass er ein Versager ist, bei jedem Ballkontakt geraunt wird und auch sonst nur schlecht über einen gesprochen wird – dann verschießt man halt den Strafstoß. Mit Ansage. Leider läuft es bei den kleinen Blauen besser als bei den Profis und somit wurde der magische Ballspielverein schlussendlich leider noch mit 2:1 niedergerungen (das Endergebnis steht nicht in Deinen Notizen, Danke Jan!1!!).
Im Anschluss zur altehrwürdigen und von Stadtverwaltung, ZIS und Westdeutschem Fußballverband gehassten KrayArena zum “neuen” Essener Derby: FC Kray gegen SpVg Schonnebeck. Wie ein stolzer Gockel stolzierte Obi auf der Platzanlage auf und ab und wir erfuhren die nächste Anekdote aus dem schillernden Leben des engagierten Präsidenten (die nicht schon bei Facebook zu sehen war). Wir werden hier aber nicht allzu sehr ins Detail gehen, da wir sonst beim nächsten Besuch an der Hubertstraße auch „umgelötet“ werden. Wundert euch jedoch nicht, wenn ihr ihn mal in einem spezielleren „Homevideo“ erspäht.
Interessanter Spielverlauf: Die bisher erfolglosen Krayer gingen 2:0 in Führung, Schonnebeck wurde jedoch immer stärker, Krayer immer fahriger und kassierte erst den Anschlusstreffer und dann den Ausgleich. Es folgte was folgen musste: Das motivierte Personal beider Seiten, Herren in gesetzterem Alter, ging sich nach 20 Stauder und ein paar Nettigkeiten ans Leder. Wer freitags zusammen zur Hafenstraße und für RWE auf den Acker ging – der haut sich dann am Sonntag auf der Bezirkssportanlage untereinander halt auf die Fresse. Ein aufgeschnapptes klassisches Telefonat fasst es wohl ganz gut zusammen: „Ja, hier steht‘s 2:2 und wir haben ne Schlägerei hinter uns. Der Kondi hat einen vom Balkon aus beleidigt und dann sind die mit zwei Mann die Treppe rauf. Die haben wir dann erstmal umgelötet.“
Über Lautsprecher wurden alle Ordner und diensthabenden Polizisten zur Hütte gerufen, den Beteiligten ins Gewissen geredet und an die Vorbildfunktion appelliert.
Nachdem sich die Situation beruhigt hatte passierte dann natürlich genau das, was zu erwarten war und wir erhofft hatten. Von der Hütte erklang „Schonnebecker Pimmellecker” – und die Schonnebecker Pimmellecker schossen das 2:3. Oder auch nicht? Die Unparteiischen waren sich nicht sicher, sodass sich der äußerst neutrale Stadionsprecher helfend über Lautsprecher in die Diskussion zuschaltete: „Klar irregulärer Treffer, so ein Tor darf niemals gegeben werden!“. Überraschenderweise sah das Schiedsrichtergespann dies dann auch so und wurde folgerichtig auch wiederum gelobt.
Gelebte Deeskalation auf Essener Berzirkssportanlagen eben. Leider wären fünf Spiele an einem Wochenende wirklich zu viele und so gibt es eben keine Zeugen für die tapfere Leistung der Adler Union Frintrop 2 Frauen, die nach zwanzig Minuten 2:0 gegen den großen Favoriten von der Hafenstraße führten. Vermutlich ist da aber nix mehr passiert…
Natürlich sind wir jetzt immer noch nicht up-to-date, aber immerhin waren die Junggesellen gestern noch in Aachen, wo die Welt wieder ins Gleichgewicht gerückt wurde. Aber davon wollen wir in einer späteren Geschichte erzählen.
Ein Gedanke zu “Es war eigentlich ein ganz normales Wochenende, doch was dann geschah, war unglaublich!”