Und wir werden weitermachen! Das kann als Drohung aufgefasst werden und wir sind uns bewusst, dass wir mit diesem Blogpost unsere Reputation als Journalisten und Reporter aufs Spiel setzen.Als Fotografen allerdings nicht, da haben wir einfach keinen Ruf zu verlieren und illustrieren diesen Beitrag einfach mit den schönsten Trikots des Wochenendes (für Clicks aus der Google Bildersuche versteht sich).
Es fing an mit dem Spiel gegen die Zweitvertretung von Borussia Mönchengladbach. Eigentlich ein unglaublicher Tag: Erst das härteste Trainingslager aller Zeiten. Natürlich reden wir hier vom Tischtennis. Dann übelst schnell zur Hafenstraße düsen und als wäre das alles nicht genug, noch einen kurzen Sprint vom Auto zum Stadion hinlegen. Was tut man nicht alles, um pünktlich zum Anpfiff da zu sein. Unser Platz, auf dem wir seit zwanzig Jahren stehen natürlich als einziger im ganzen Stadion in der gleißenden Sonne. Also mehr geschwitzt als alle Spieler auf dem Rasen zusammen. Es war so heiß, dass sich sogar mein sonst üblicher Bierdurst nicht einstellen wollte. Unten auf dem Rasen derweil der VfL (nicht Bochum) mit einer zu Beginn ansprechenden Leistung. Nach ca. einer halben Stunde bekamen die Roten das Spiel jedoch zunehmend besser unter Kontrolle und konnten nach der Halbzeit sogar einige gute Torchancen herausspielen, während die kleinen Ponys völlig platt wirkten. War ja auch wirklich heiß draußen. Ein Spiel somit, was man nicht mehr verlieren konnte, wenn man irgendein anderer Verein als Rot-Weiss Essen ist. Selbst der Schiedsrichter wollte zunächst mitmachen und verweigerte den Gladbachern in der 86. Minute einen Elfmeter, den man aus meiner Sicht eigentlich geben konnte. Aber dann fasste sich Gino Windmüller in der 88. Minute doch noch ein Herz und schaffte es schließlich doch noch, völlig ohne Not einen Elfmeter zu verursachen. Spiel also gelaufen. Mönchengladbach schaffte es sogar noch, ein zweites Tor nachzulegen. Am Ende stand also eine. 0:2-Niederlage in feinster RWE-Manier, Knockout kurz vor Schluss, zwei Heimspiele in Folge ohne eigenes Tor. Saison mal wieder frühzeitig gelaufen, auch aufgrund der sich andeutenden Überlegenheit der Amateure vom BVB und BMG. Wie schön…
Die anderen Dreiviertel der Brüder stand natürlich bei 50°C auf der Südtribüne, um dem Saisonauftakt des sympathischen Ballspielvereins beizuwohnen. Der erste Bundesligaspieltag hat immer so ein bisschen was von einer Zeitreise und wäre der tapfere Adipösling nicht morgens bereits mit seinem Sprössling zu Verhinderung einer Statikerfrisur zum Haareschneiden gewesen, hätte man sich glatt ein paar Jahre zurückversetzt fühlen können: Kopfbahnhof E21, Raucherbereich, Kanne Bier vom Kiosk an der Bushalte und großes Hallo als der Vieraugenjunge, der weltberühmte Biergerdi und der Sohn stolzer Grillhausbesitzer samt angehender Gattin (der Bichblog gratuliert natürlich standesgemäß und stellt sich nach wie vor die Frage einer bekannten Rullichkellnerin) erstmal kompetent die S-Bahn verpassten. Manche Dinge ändern sich eben nie und so ging es im dann eben im Regionalexpress zum Rossmann am Dortmunder HBF, wo erstmal die Vorräte für lange Reise zur roten Erde aufgefrischt wurden.
Endlich angekommen durften wir auch fast den kompletten Rest der #cl b Gruppe begrüßen und konnten uns kompetent noch einige Freigetränke erschnorren, da wider Erwarten auch der älteste Mensch der Welt und der Apfelmann in der Sommerpause unter die Haube gekommen sind…
Ansonsten scheint sich auch in der aktuellen Saison zumindest im Bichumfeld nicht allzuviel geändert zu haben und so ging es nach den obligatorischen Kartendeals gewohnt pünktlich ins Westfalenstadion. Dort war natürlich das Wasser an allen Ständen bereits ausverkauft, so dass wir uns widerwillig mit anderen Getränken eindecken mussten (Danke an Herrn U. fürs Anstehen). Während die Tribüne den äußerlichen Gegebenheiten erstaunlich gut trotzte – teilweise war ich wirklich überrascht, welche Lautstärke die Gesänge erreichten – hatte die Mannschaft auf dem Platz zunächst ihre Probleme mit #M105. Glücklicherweise konnte der BVB aber nach einer Viertelstunde zum Matchplan des Ökotrophologen TT zurückfinden und das fleischgewordene klassische Understatement nickte nach toller Schürrle-Flanke (jaja) zum 1:0 ein. Auch wenn das Spiel hitzebedingt nun eher so vor sich hinplätscherte, konnte man die gute Spielanlage des BVB erkennen – insbesondere Dembele machte einen super Eindruck und wurde folgerichtig auch nach dem Spiel von seinem Gegenspieler, Leon Balogun, überschwänglich gelobt. Das Video kann aber wegen der restriktiven Lizenzierung der Bilderrechte hier nicht mehr verlinkt werden. Im Endeffekt machte der BVB es dann nochmal unnötig spannend, als postwendend nach 2:0 in der letzten Minute das 2:1 in der allerletzten Minute fiel. So war’s dann zwar nix mit der Tabellenführung nach Spieltag eins, aber es muss ja auch kein Start-Ziel-Sieg sein.
Schließlich wurde die Saison natürlich standesgemäß mit einem Schlachtfest des amtierenden Deutschen Meisters in der heimischen Arena mit heimischen Danke-Bitte-halt-die-Fresse-Stadionsprecher eingeläutet. Und auch ohne Super-Pep scheinen bei den Bayern nicht nur Blinde rumzulaufen. Bereits in der Vorwoche hatte Cathy Hummels versucht ihr abschätziges Image als Spielerfrau abzulegen um bei der Saisoneröffnung nun fulminant die Kirsche auf die Torte zu setzen. Aktion gelungen!
Da es die Roten in Monaten der Sommerpause nicht geschafft hatte, die Flaute im Sturm zu beheben und Franky Löning nicht alles alleine richten kann, verhieß der nahende Deadline Day Abhilfe. Kryptisch-hoffnungslos verkündete Jürgen Lucas am Vortag die Eckdaten der Kandidaten: 22 und 26 Jahre alt, Stürmer der 3. und 4. Liga, Jungs, die RWE sofort weiterhelfen können. Wer sollten diese Stürmer sein? Da aber die Reviersport sich mittlerweile auf Clickbaiting kapriziert hat und in der Disziplin möglichst viele Fehler in einem möglichst inhaltsleeren Text unterzubringen wahrscheinlich sogar einen Studenten der Eliteuniversität Hamm-Lippsheddle ausknocken würde, konnte man von dem ehemaligen Qualitatsmedium wenig Erhellendes erwarten. Und da auch die WAZ, neuerlich als Funke Sport firmierend, nur noch von eben genannter Reviersport abschreibt, mussten wir auch diesen Forschungsauftrag annehmen. Wäre es doch gelacht gewesen wenn wir unsere Amateurfußballexpertise nicht auch mal für Sinnvolles einzusetzen wissen. Nach Sichtung der rund 100 infrage kommenden Spielern fiel die Wahl zielgenau auf Roussel Ngankam. Selbstredend wurde dieser junge Mann dann auch am nächsten Nachmittag präsentiert. Wollen wir hoffen, dass er bei Rot-Weiss Essen jetzt auch mit den Toreschießen beginnen möge. Denn an dieser Kernkompetenz für Stürmer hat es in seiner bisherigen Karriere eher gehapert…
Im anstehenden Spiel hat es mit dem Toreschießen schonmal nicht geklappt. Weder bei Ngankam noch beim Rest der Mannschaft (vielleicht sollte man mal auf den jungen Swagger links zurückgreifen?). Dabei sollte das Spiel gegen Rödinghausen zum Wendepunkt werden. Sportlich machbar war der Gegner allemal. Aber es wurde zum Fiasko. RWE war spielbestimmender, spielte sich auch Chancen heraus – aber traf die Hütte einfach nicht. Und wie schon im Verlauf der letzten Saison wurde die Mannschaft mit zunehmender Spielzeit immer nervöser und verkrampfter. Krönung waren schließlich zwei Platzverweise inklusive Strafstöße für die Ostwestfalen von denen einer verwandelt wurde und Rödinghausen somit zum Sieg gereichte. Es ist an dieser Stelle schon sinnbildlich, dass gerade Schlussmann Heimann, der gefühlt noch nie einen Strafstoß gehalten hat und auch sonst immer recht unglücklich bei Elfmetern aussieht, ausgerechnet heute einen halten konnte. Aber der zweite war halt drin. Vorbei. Dass u.U. Frank Löning im Gegenzug auch noch ein Elfer hätte zugesprochen werden müssen, verschweigen wir mal galant, da der Schiri im Gegenzug, wahrscheinlich aus Angst, nicht noch ein drittes Mal zur Arschtasche griff. Unserer Ansicht nach, hatte es nämlich noch eine dritte Notbremse von RWE gegeben…
Angst hatte der Schiri deshalb weil das zu Beginn der Saison völlig euphorisierte Publikum nach der dritten Heimpleite ohne eigenes Tor zunehmend frustriert ist und nach dem nicht geahndeten Foul an Löning alle Dämme brachen. Die Motivierten auf der West brachen ein Tor auf und wollten in den Innenraum, die etwas älteren Motivierten auf der Rahntribüne taten es ihnen gleich, die noch gesetzteren Motivierten auf der Haupttribüne bildeten einen Lynchmob – alle wollten sie gleichsam dem Schirigespann ans Leder. Gezwungendermaßen wurde das Spiel unterbrochen. Dass es an der Hafenstraße immer mal wieder hoch her geht und Auswechselspieler beworfen werden ist nichts ungewöhnliches – aber dass Haupttribünenzuschauer von den teuren Plätzen über Geländer klettern um den Schiri zu treten, das ist schon eine neue Dimension. Es ist schon unfassbar was an der Hafenstraße alljährlich und insbesondere in den vergangenen Monaten passiert. Die Fallhöhe zwischen der völlig überhöhten Kampagne im Sommer, die die Fans von der 2. Bundesliga träumen ließ, und dem aktuellen katastrophalen Zustand, ist gigantisch. So bitter es klingt: Aber die Saison ist bereits jetzt, Anfang September vorbei. Im Pokal ausgeschieden und in der Liga schon neun Punkte hinter der ungeschlagenen Tabellenspitze bleibt der letzte Grashalm wie bereits in den vergangenen Jahren der Niederrheinpokal. Und wenn es ganz schlimm kommt der Klassenerhalt.
Bitterer Höhepunkt des Spiels war jedoch der Bierangriff Horst-Kevins auf den älteren Herren neben uns. Vor lauter Wut beim ersten Elfmeter pfefferte er nämlich sein Bier auf die Stufen auf denen wir standen und skandalöserweise wurde hierbei der Schuh des Nebenmanns benässt. Noch nie in 45 Jahren Rot-Weiss Essen sei ihm so ein infamer Zwischenfall passiert und wir alle sollten froh sein, dass der Kollege, der ebenfalls seit 45 Jahren zu Rot-Weiss ginge und immer (!) da sei, gerade heute nicht da sei – denn der hätte uns mal fürstlich für diese Unflätigkeit verdroschen. Die Jugend von heute hätte ja kein Benehmen mehr und früher sei alles gesitteter gewesen. Insbesondere beim Fußball! Vielmehr sollten wir alle kein Bier mehr trinken, wenn wir keinen Alkohol vertrügen. (Würden wir ja gerne, aber Doc Welling zwingt uns 0,5er Stauder auf!) Vielleicht setzt das harte Lehrerleben dem Emotionsfriedhof aber tatsächlich derart zu, dass er zukünftig, wie auch seine völlig überarbeiteten Kollegen im Lehrerzimmer, besser direkt zum Wodkaflachmann in der Innentasche seines an den Ellenbogen mit Leder beflickten Breitcordsakkos greifen sollte.
Aber sehen wir es positiv. Bleibt uns ja auch nichts anderes übrig. Gehen wir einfach mal davon aus, dass die Verpflichtung von Ngankam der längst überfällige Brustlöser war, demnächst endlich der Knoten durchgeschlagen wird und RWE wieder die PS auf die Straße bekommt. Auf dass bereits nächste Woche wieder Aufstiegseuphorie herrscht – zumindest unter denen, die sich bereits für die nächsten drei Jahre einen Klotz³ ans Bein gekettet haben. Der Schuh ist hoffentlich immer noch bierdurchträngt und der Fuß noch am Sonntag abgefault.
Ein Gedanke zu “Wir haben’s gewusst!”