Bevor es die noch fälligen Berichte zur Griechenlandpleite und zur Demontage des FC gibt, überrascht Euch heute der schlauste Mensch der Welt mit einer Anekdote zu den Supi-Schlaaaand-Kostümheimspielen. Vielleicht sorgt ebendiese ja für einige Erheiterung bevor heute Abend die äußerst willensstarken, unbeugsamen, dynamischen Krieger sowieso alles in Schutt und Asche legen:
Wir schreiben Oktober 2011. Europa zittert vor der Euro- und Finanzkrise und beugt sich dem heranziehenden Herbst. Aber es gibt auch positives zu sehen in dieser grauen und kalten Welt. Daniel Dombrowski und sein bester Freund und Kupferstecher Marcel Schröder besuchten das Länderspiel der Fußballnationalmannschaft gegen die Sportsfreunde aus Belgien! Und weil beide nicht so elegant und flink mit der Feder umgehen können wird das Abenteuer der beiden Spitzbuben aus der Erzählperspektive zu Papier
gebracht:
Bereits die Kunde vom nahenden Spiel und der dazugehörigen Eintrittskarte versetzte die kleinen Wichte in Bönen und Dortmund in helle Aufregung:
der DON: ey alter emin schwager hat voll 2 karten für länderspiel organisiert!!! hasse bock?? >;->
mArCel#09: ich find die N11 mega mega geil ich will die umbedingt mal sehn und ich kann schon nich mehr schlafen ich träum von alle spieler!!!“ :`-) :-O
der DON: götzinjo , schmelle , mats , manni , günni und kevin für SCHLAAAAAAAAAAAND!!1
mArCel#09: giel!!!!!!!!11
Folglich machten sich die beiden Protagonisten am Spieltag auf ins ferne Düsseldorf am Rhein. Beide reich wie ein festlicher Tannenbaum geschmückt mit allerlei Devotionalien ihrer geliebten Mannschaft trafen sie sich am Bahnhof. Zumindest Daniel hatte sich im Vorfeld noch Gedanken gemacht ob eine zu offensive schwarz-rot-geile Ausstaffierung für Unmut in seinem von Migrationshintergrund geprägten Umfeld sorgen würde, könnte er doch auch für einen Belgier gehalten werden. Da er jedoch kein Belgisch spricht, kam er jedoch zu dem Schluss, dass dem wohl doch nicht so sei. Schließlich kam ihm der der Gedanke dass doch alle Fans gleich seien und es ehedem das Beste wäre wenn sich Deutschland und die Türkei gleichermaßen für die Europameisterschaft qualifizieren würden – zumindest das Beste für Bönen.
Am Bahnsteig wurden gegenseitig die Kostümierung gewürdigt und fachmännische der bunte Getränkevorrat begutachtet. Während Daniel (Wikingerhelm, Blumenkette, Götzinho-Trikot, Deutschland-Weltmeister-2010-Schal und OBI-Vuvuzeela) ein Gebinde V+Energy, einen Tetrapack Wodka-Eistee und für das Stadion einen Flachmann Frühstückskorn präsentieren konnte konnte Marcel (trug Ballack-Trikot, einen überdimensionalen Deutschland-Hut, ein reich geschminktes Gesicht und über der Jeans noch eine Shorts des Nationalteams) eher mit traditionellem Brau- und Kulturgut aufwarten und hatte einen Kasten Neptun-Pils mit an den Bahnsteig verfrachtet. Nach der Musterung zog Daniel triumphierend einen schwarz-rot-geilen Gegenstand aus seiner Gürteltasche – hatte er sich doch noch eine Dose 5,0, natürlich leer, im WM Outfit als Trophäe aufgehoben. So kam es, dass er auf der folgenden Zugfahrt, nach erfolgtem Umschütten, seine Getränke aus der Dose genoss. Als Aperitif einigten sich beide ob der noch nicht weit fortgeschrittenen Tageszeit auf ein V+ und schwadronierten bis zum Eintreffen des Zuges noch über den halben Arbeitstag, dem sich beide mehr oder weniger legal entzogen hatten.
Wohlweißlich hatten sich aber beide Schlingel für den folgenden Tag frei genommen, da an diesem Abend ausgiebigst dem Alkohol gefrönt werden sollte – ein richtiger Fußballabend eben.
Im Zug dann setzte man sich natürlich zwischen die Arbeitnehmerschaft, die sich angewidert wegdrehte. Nach und nach bestiegen immer mehr Fantypen den Wagen sodass es Höhe Wattenscheid schon zu ersten Wechselgesängen zwischen Ober- und Unterrang kam. Dabei wurde natürlich immer wieder lautstark gegen die Decke getrommelt. Kommentare der anderen Passagiere dies sein zu lassen wurden gekonnt ignoriert und lingustisch einwandfrei gekontert – 4 Minuten später, nachdem man sich eine Zigarette gegönnt hatte! Dazu ist anzumerken, Daniel raucht natürlich nur beim Fußball und auch dann nur in der Bahn – der Stimmung wegen. Party im Zug gehört halt zum Fußball dazu! Leider schaffte es Marcel aber nicht die Leuchtstoffröhren aus der Fassung zu drehen und um anschließend den alten Gassenhauer Dunkelkammer anzustimmen. Seine schmerzende Blase hatte großen Anteil daran, waren die Toiletten im Fahrzeug doch verschlossen. Glücklicherweise hatten sich unsere beiden Protagonisten aber ein genügend großes Zeitpolster erhalten um nach einer Pinkelpause am Bahnsteig des Mühlheimer Hauptbahnhofs noch auf die nächste Verbindung zu Warten. Da zudem der Magen knurrte konnte man sich am örtlichen Fast Food Restaurant noch einige Burger besorgen. Endlich in Düsseldorf eingefahren gereichte es dann zu einer ersten Humba auf dem Bahnsteig. Daniel verlor auf einer halb leeren Biertelefonzelle jedoch das Gleichgewicht und krachte, begleitet von großem Johlen, in einen Brezelwagen. Ob dies nun an der verminderten Stabilität des Fasses oder an der mittlerweile stark eingeschränkten Koordination lag, sei dahingestellt. Zumindest wurde dem armen Brezelverkäufer beim aufsammeln seiner Güter selbstlos „geholfen“ – Daniels Trophäe blieb dabei jedoch auf der Strecke.
Da Daniel und Marcel ihren Getränkehaushalt bis zur Ankunft am Stadion geplant hatten, und ihnen die Polizisten an der Rolltreppe zur U-Bahn unmissverständlich mitteilten, dass Flaschen in der Rheinbahn verboten seien, standen die beiden vor einem Problem. Sie beschlossen jeder noch ein paar Kannen an Ort und Stelle sich reinzuschrauben einen weiteren Flachmann für die Bahnfahrt in ihren Schuhen zu verstecken und den Rest in ein Schließfach zu verbringen. Stark angeschlagen hinkten die beiden schließlich zum völlig überfüllten U-Bahnsteig – mit Schnaps in Geist und Schuhen läuft es sich nicht mehr so gut. Mit allerhand Ellenbogen, Dreistigkeit und ohrenbetäubenden Hinein-Hinein-Gelalle wurde jedoch direkt in die erste U-Bahn geentert. Beide hatten jedoch nicht die lange Fahrtzeit vom Düsseldorfer Hbf zur Im-Herzen-LTU-Arena bedacht. Folglich mussten beide bereits nach wenigen Minuten die Bahn wieder verlassen um sich zu erleichtern. Bei der massiven Polizeipräsenz in der Stadt (und wie sich später zeigen sollte auch IM Stadion) war dies kein leichtes Unterfangen. Die erboßten Rufe der Vorgarteneigentümerin wurden aber billigend in Kauf genommen und mit dem Wurf des inzwischen geleerten Flachmanns auf die Gartenzwergsammlung quittiert.
Der wiedereinstieg in die Bahn gestaltete sich beinahe zu einem hoffnungslosem Unterfangen. Drei Bahnen musste die beiden passieren lassen wobei sie ihrem Ärger jeweils durch in die Bahnen spucken Luft machten. Schließlich konnte man sich doch irgendwie in die Bahn zwängen – Kinder im Eingang machens eben einfacher. Selbstverständlich wurde am Stadion die Bahn auch wieder mit Hinaus-Hinaus verlassen und sich anschließend in die ellenlangen Schlangen am Einlass gereiht. Die Wartezeit in einer Unmenge an Leuten, die offensichtlich nie ins Stadion gehen und nicht wissen was man in Fußballstadien nehmen darf, und was nicht, wurde jedoch durch allerhand sinnlose Gespräche der anderen Wartenden versüßt. Einer hatte Bedenken, dass er die Aufstellung nicht brüllen könne weil er die Nummern der Spieler nicht im Kopf habe woraufhin sein Freund ihn beruhigen konnte, dass die Namen eingeblendet werden würden. Leider wurde trotzdem nichts aus dem Ritual, denn die beiden sollten die Mannschaftsaufstellung schlichtweg verpassen. Ein anderer wusste immerhin zu berichten, dass die Einlasskontrollen beim letzten Länderspiel in der Schalke-Arena wesentlich schneller gingen.
Auch Marcel und Daniel sollten es erst pünktlich zum Einlauf der Mannschaften auf ihre Plätze geschafft haben. Sie saßen inmitten eines sichtlich als Sponsorenblock zu erkennenden Bereichs. Lauter Anzugträge, die, fesch und modisch bewusst wie sie waren es immerhin zu einer Deutschlandkrawatte geschafft hatten. Ähnlich anspruchsvoll zeigten sich diese Herren auch beim ersten Ballverlust in der allerersten Minute, der lautstark mit einem „So ein Scheißdreck, der Klose kann nichts!“ kommentiert wurde. Es sollte der letzte emotionale Ausbruch für lange Zeit sein. Als ultraorientierte Fans interessierten sich die beiden natürlich auch für die beiden Kurven. So wurde den Klängen der belgischen Kurve gelauscht und die in mühevoller Handarbeit gefertigte Zaunfahne „Ein Team – ein Ziel – Kiew 2012“ wie auch die Eingangschoreo bewundert.
Ansonsten saßen neben den beiden nur weitere Zuschauer, die in einem Erguss an sinnfreien Allgemeinplätzen das Spiel kommentierten und ihrer mitgeschleiften Gattin nach 25 Ehejahren mit einem monströsen Fachwissen brilliant das Fußballspiel erklärten. Unterhaltung pur. Schade war nur, dass der Handyempfang, insbesondere die Internetleistung, zu wünschen übrig ließ und Daniel und Marcel die Welt nicht an ihrem Erlebnis teilhaben lassen konnten. Dafür wurde überschwänglich supportet und beide rassteten förmlich aus als endlich (in der 35. Minute) die LaOla durch die Arena schwappte. Darauf hatten sich beide besonders gefreut, hatten sie dieses Ritual doch schon so oft im Fernsehen bei der WM 2010 bewundern dürfen.
Danach wollte aber nicht mehr so recht der Funke überspringen sodass es arg still im Rund wurde. Daniel und Marcel konnten sogar die Spieler auf dem Platz hören, was die beiden sonst nur vom VfK Nordbögge kannten. Aber nimmermüde versuchten sie das Feuer aufs neue zu entflammen und stimmten voller Inbrunnst immer wieder die alten Klassiker wie „Deutschlaaaaaaaaand!“ und „Super Deutschland Olé“ an. Leider Erfolglos. Kutten! Ansonsten bekamen die beiden nicht allzu viel vom Spiel mit, da der Bierstand in erreichbarer Nähe war. Dass das Bitburger alkoholfrei und viel zu teuer war (Man gönnt sich ja sonst nichts!) wurde gekonnt mit dem mitgebrachten Weizenkorn reguliert. In der 78. Minute sollte es dann noch zu einem Höhepunkt kommen als ein paar Deutschland-Hools hinterm Tor Mexiko anstimmten. Daniel und Marcel hatten von dem Lied bereits auf Youtube erfahren, stimmten frenetisch mit ein, merkten aber recht schnell, dass ihnen die Textsicherheit fehlte, was jedoch mit einem umso lauteren „Deutschland Hooligans“ ihrer Meinung wieder adäquat ausgeglichen wurde.
Als die Belgier kurz vor Schluss noch den Ehrentreffer markieren konnten und die Schlachtenbummler noch ein paar Bengalos zückten flammten auch bei Daniel und Marcel die Handy-Cams auf um noch ein paar Qualitätsvideos für die heimische Videothek zu schießen. Nach dem Schlusspfiff und sich wiederholenden Verkehrschaos warteten am Hauptbahnhof schon die köstlichen Getränke auf die beiden. Es wurde eine feuchtfröhliche Rückfahrt nach Westfalen, untermalt von allerlei Siegesliedgut und einer Demonstration wie denn wirklich die Deutschen und die Belgier sich fortbewegen würden. Der überdimensionierte Getränkevorrat reichte dann auch just bis Bönen Bahnhof – allerdings nur weil die beiden in Hamm noch in den falschen Zug gestiegen waren und drei Stationen in die Gegenrichtung gefahren waren. Und weil Marcel und Daniel diesen erlebnisreichen Tag noch nicht beenden wollten stürzten beide noch fürstlich in der örtlichen Dorfkneipe ab.
Daniel und Marcel werden sich nicht an das Spiel erinnern, nicht an die Zugfahrt, nicht an die Atmosphäre im Stadion. Und sie werden wohl kaum den Bichblog lesen. Dafür vielleicht die 11Freunde von Freunden und Bekannten unter die Nase gehalten bekommen ob das Länderspiel denn wirklich so toll war wie sie vollmundig behauptet hatten…