Auswärts Siegen ist schön

Bevor der Aufstieg von Rot-Weiss Essen ob der „BVB-Meisterflatter“ völlig aus den Medien verdrängt wird, will zumindest Euer Lieblingsblog an dieser Stelle noch die Ereignisse vom vorvergangenen Freitag Revue passieren lassen.

Am frühen Freitag Nachmittag trafen sich zwei Wissenschaftsbichs, ein Kanute und Fahrer Alfred J. A. am Dortmunder Busbahnhof, um begleitet von der zweitbesten CD aller Zeiten in einer dem Anlass angemessenen Limousine die Fahrt ins beschauliche Siegen anzutreten. Hatten wir ob Ferienanfang, Berufsverkehr und der angekündigten Reisewelle aus der Kulturhauptstadt eine längere Fahrtzeit einkalkuliert, erreichten wir überraschenderweise nach nur 45 Minuten die Rubensstadt. Aufgrund der frühen Ankunftszeit kamen wir leider nicht in den Genuss des „zweitligaerprobten Verkehrskonzeptes“ und konnten in unmittelbarer Stadionnähe unser Gefährt sicher abstellen. Schnell besorgten wir die Eintrittskarten zum Schnäppchenpreis von 4 Euro – Fußball muss bezahlbar sein – und sammelten einen verwirrten Optiker ein. Mit diesem im Schlepptau ging es in die einzige Pommesbude am Platz, wo wir gekonnt die raren Plätze der Außengastronomie in Beschlag nahmen und auf die Nachrücker um den tapferen Rächer der Gerechten und den schlausten Menschen der Welt (aka. Jandser) warten.

Von unseren Logenplätzen aus konnten wir dann den Aufmarsch der beliebten Freunde und Helfer beobachten, die sicherlich in doppelter Castortransportstärke angerückt waren, um das beschauliche Siegen vor den mordenden Ruhrgebietsassis zu beschützen. Für den Steuerzahler ein absolut nachvollziehbarer Aufwand für ein Fußballspiel in der fünften(!!!) Liga. Hurra. Die örtliche Kioskmafia allerdings ließ sich auch von der enormen Polizeipräsenz nicht daran hindern, uns eine kleine Lehrstunde in Mikroökonomie zu erteilen, stieg doch der Preis für eine Flasche Siegener Schädelbräu innerhalb von Minuten von 1,20 auf 1,75 Euro.

Rund eine Stunde vor Anpfiff trafen dann Rest unserer Reisegruppe ein und wir kämpften uns durch das einzige geöffnete Tor ins Stadioninnere. Glücklicherweise haben die RWE-Fans aus der Katastrophe von Duisburg gelernt und so kam es selbst im Tunnel keinerlei zu keinerlei Komplikationen. Ein Schelm, wer glaubt, dass man auch ein zweites Drehkreuz hätte öffnen können. Der eigentliche sicherheitpolitische Skandal ereignete sich allerdings schon Tage vor dem Spiel, als die Siegener szene“kundigen“ Beamten den Sportfreunden den Vorschlag unterbreiteten, dass die Siegener Ultraszene beim Risikospiel nicht in ihrem üblichen Bereich stehen darf und aus Deeskalationsgründen zusätzlich ein Zaunfahnenverbot für Heimfans forderte. Wer jetzt denkt, dass der Verein diese absurden Überlegungen sofort ohne weitere Beachtung abgelehnt hätte und sich für seine Fans eingesetzt hätte, der ist noch nicht im Zeitalter des modernen Fußballs angekommen. Vorbehaltlos wurden die Wünsche der Polizei umgesetzt und den eigenen Fans mal richtig in den Allerwertesten getreten. Sicher auch ein cleverer Schachzug die Treuesten der Treuen zu vergraulen, schließlich werden ja auch zu den anderen Spielen deutlich über 6000 Zuschauer kommen…

Die Siegener Szene reagiert mehr als angemessen und rief aufgrund der katastrophalen Rahmenbedingungen schweren Herzens zu einem Boykott auf, der auch auf die weiteren Heimspiele in dieser Saison ausgeweitet wird. Alles weitere zur der Thematik hier. Müßig übrigens zu erwähnen, dass einige Siegener in ihren eigenen Stadt darüber hinaus noch ein Betretungsverbot aus Gründen der Gefahrenabwehr erteilt bekamen. Einigkeit und Recht und Freiheit eben.

Wie zu erwarten war das Stadion fest in Essener Hand und aufgrund der oben skizzierten Vorfälle gab es stimmungstechnisch keinerlei Gegenwehr von den Heimfans. Die über 4000 Essener (dazu noch einige Bremerinnen und Bremer) hatten schon weit vor Anpfiff das Stadion gut im Griff und schmetterten den ein oder anderen Gassenhauer durch das weite Rund. Pünktlich zum Anstoß gab es dann noch eine kleine Choreographie sowie zwei Soli (einmal von den verbliebenen Siegen Fans, einmal Essen hier und hier) Spruchbänder für die Siegener Ultras und schon rollte der Ball. Leider hielt sich die Siegener Mannschaft nicht an das Drehbuch und wagte es doch tatsächlich in Führung zu gehen, was sich mehr als negativ auf die Stimmung auswirkte. Die beiden Vorsänger schafften es fortan nur selten die Masse richtig zum kochen zu bringen, was aber die RWE Kicker auf dem Rasen nicht weiter zu beeindrucken schien. Diese berannten unermüdlich das Siegener Tor und kamen nach einigen vergebenen Chancen dann doch zum verdienten Ausgleich. In der zweiten Halbzeit dann das gleiche Spiel und als endlich der ersehnte Führungstreffer fiel, kannte der Jubel in der Gästekurve kein Halten mehr. Bengalische Feuer, Zaunsturm und laute Gesänge,man fühlte ich förmlich in die frühen Neunziger versetzt. In der achtzigsten Minute waren der Euphorie dann keine Grenzen mehr gesetzt und ein Platzsturm konnte nur dank des beherzten Eingreifens der RWE-Offiziellen verhindert werden. Fünf Minuten später hatte der Schiedsrichter aber ein Einsehen und pfiff die Partie frühzeitig ab, so dass die rot-weisse Jubelarie beginnen konnte.

Das bunte Treiben auf dem Platz beobachteten wir allerdings aus der Entfernung, bevor wir Parkplatz und Navigationsgerät sei Dank zeitnah die Tankstelle an der Autobahnauffahrt erreichten. Leider reichte das zugekaufte Flüssigbrot nicht bis Essen, so dass wir noch einen Zwischenstopp im Sauerland einlegen mussten, bevor wir noch an der Hafenstraße ein wenig den Aufstiegsfeierlichkeiten beiwohnten. Irgendwann verlangte aber die Motorik dann doch nach Pennematz und so lag es an Alfred uns alle gen Heimat zu kutschieren. Danke dafür!

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